Design
Designtalente

Kaldewei Future Award by AW Architektur & Wohnen 2019

Regelmäßig stellen wir hier die neue Designtalente vor, die mit ihrer außergewöhnlichen Arbeit überzeugen und sich damit für den Kaldewei Future Award qualifizieren.
Datum17.01.2020

JAMES SHAW

Wohin mit all dem Kunststoff? Ein Londoner Designer hat eine Idee: er verwandelt Recycling-Schnipsel in organisch geformte Unikate 

Der Wiederverwerter. Abfälle aus Industrie und Handwerk sind Ausgangsmaterialien für James Shaws Entwürfe. Der Designer, der 2013 seinen Master am Royal College of Art erwarb, konstruiert dafür „plastic extruding guns“. Mit diesen komplexen Nachfolgern der Spritzpistole schmilzt und verarbeitet er Chips aus Hartplastik, die er von einer Londoner Recyclingfirma erhält, zu formbaren Würsten – Ausgangsmaterial vieler seiner Möbel, Leuchten, Objekte. Der mit Marjan van Aubel entwickelte „Well Proven Chair“ von 2012 mit einem Sitz aus Holzspänen und Sojaharz wurde in die Sammlungen des New Yorker MoMA und des Vitra Design Museums aufgenommen. Die Side Gallery Barcelona und Seeds London vertreiben Shaws Objekte. Thomas Edelmann

KIN & COMPANY

Sorgen nicht nur in New York für Aufsehen: handgemachte Möbel aus Brooklyn. Die zwei Kreativen sind übrigens Cousin & Cousine 

Die Minimalisten. Aus Stahl, Stein und Glas schaffen sie schwebend leichte Formen, die sich an Wänden und Boden nur ein klein wenig abzustützen scheinen. Inspiriert sind ihre Entwürfe von geometrischen Elementen wie überlappenden Kreisen, Bögen und Flächen sowie von Konzepten der russischen Avantgarde der 20er-Jahre. Der Architekt Joseph Vidich lehrt als Assistenzprofessor unter anderem Digitale Fabrikation an der Columbia University. Seine Cousine, die Innenarchitektin Kira de Pao- la, richtet mit besonderen Möbeln New Yorker Wohnungen ein. In Brooklyn gründeten sie 2015 ihr Unternehmen Kin& Company, das 2017 erst- mals öffentlich auftrat und sofort international von sich reden machte. Thomas Edelmann

JULIEN CARRETERO

Seine Objekte zeigen Patina und Glanz – und erscheinen so wie Boten einer längst vergangenen Industriekultur

Transformations-Kunst. Zwischen Handwerk und Industrie ist die Arbeit von Julien Carretero anzusiedeln. Mal verwandelt er handwerkliche Techniken in Prozesse der Serienfertigung, dann wieder nutzt er Rohre aus dem Industriekontext als Ausgangsmaterial, denen er durch handwerkliche Bearbeitung zu neuer Ausstrahlung verhilft. Mit seinen Objekten untersucht er Eigenschaften von Material und Oberfläche. So variiert er anhand bearbeiteter Rohrabschnitte Leuchtobjekte, er verändert Gewicht, Farbe und Textur. Geboren in der Banlieue von Paris, studierte er in Frankreich, England und in Eindhoven. Nach dem Abschluss ging er 2007 nach Brüssel, wo er sein Studio betreibt. Hinzu kommt eine internationale Lehrtätigkeit. Thomas Edelmann

STUDIO FURTHERMORE

Zwei junge Kreative geben Vertrauten Formen eine neue Qualität – indem sie nachgiebigen Schaum in beständige Struktur verwandeln 

Material-Experimente. Neue Stoffe und veränderte kulturelle Realitäten sind Themenfelder des 2015 in London gegründeten Studio Furthermore. Marina Dragomirova studierte in Sofia Grafik- und Interior Design. Sie traf Iain Howlett während des Masterstudiums am Londoner Royal College of Art. Ihre ersten Möbelentwürfe waren von traditionellen bulgarischen Textilien beeinflusst; er experimentierte mit einem Gemisch aus Papierbrei und Ton. Heute erschaffen sie gläserne Leuchten und Objekte aus keramisch behandeltem Schaumsto (z.B. Neolit für Pulpo) oder Aluminiumschaum, verarbeiten sie zu Gefäßen, Kleinmöbeln und Schmuck. Ihre Entwürfe nden weltweit Anklang bei Sammlern und Museen. Thomas Edelmann

LINDE FREYA TANGELDER

Ist am Ende cosy, was zunächst massiv wirkt? Mit ihren Möbeln verwirrt eine Gestalterin aus Brüssel. Unsere Sinne – und das auf simple Art 

Material Girl. Ökonom Joseph Schumpeter (1883–1950) sprach von „schöpferischer Zerstörung“ – und meinte, dass der Kapitalismus unaufhörlich alte Struktur vernichte und eine neue schaffe. Heute sprechen wir von Disruption. An die Doppelgesichtigkeit von Kreativität erinnert bereits der Name des Designstudios Destroyers/Builders. Linde Freya Tangelder gründete es 2015 mit dem Landschaftsarchitekten Jo Groven. Das Brüsseler Büro legt nach eigener Aussage den Fokus auf Materialität. Die Gegenstände kennzeichne „sensorische Relevanz“. Dazu gehören Möbel, die teils limitiert über Galerien vertrieben werden. Tangelder arbeitete nach dem Studium an der Design Academy Eindhoven bei den Campana-Brüdern in São Paulo, gründete mit Cleo Maxime aus Amsterdam das Label no-made. Ihre Objekte für Destroyers/Builders haben skulpturale Qualitäten, wirken mitunter wie Mikroarchitekturen. Der „Bolder Chair“ scheint auf Betonsäulen zu ruhen. Tatsächlich verwendet die Designerin textiles Kompositmaterial und Spanplatten. Thomas Edelmann

MARIO TSAI

Als Kind schuf er aus dem, was er vorfand, Brauchbares. Heute entwickelt der chinesische Designer mit nahezu unfassbarer Energie Möbel – auch für Europa 

Der Marathon-Mann. Aufgewachsen in der ländlichen Provinz Hubei, lebt und arbeitet Mario Tsai heute in der Neun-Millionen-Metropole Hangzhou. Er begann zunächst, an der Forestry University in Peking Architektur und Industrial Design zu studieren, bald wechselte er zur Möbelgestaltung. Nach dem Studium arbeitete er kurz in einer Möbelfabrik. Arbeitslos geworden, suchte er mit seinem Bruder nach dem idealen Standort für einen Kunstgewerbeladen. In der Dajing-Gasse in Hangzhou wurden sie fündig. Mario entwarf die Ausstattung. Für eine Messe in Schanghai baute er fünf Möbel in drei Wochen selbst. 2014 gründete er sein Designbüro, 2015 wurde er zur „Ambiente“ nach Frankfurt eingeladen; Ausstellungen und Auszeichnungen in Mailand, London, Stockholm folgten. Heute arbeite er 16 Stunden täglich, sagt er. Daher könne er so viele neue Produkte entwickeln. Anders als die europäischen Kollegen verschwende er keine Zeit fürs Kaffeetrinken und Essen. Tsai reicht etwas Tee. Seine Auftraggeber sitzen in China, Italien, Dänemark, Norwegen. Ferm Living und Northern sind die bekanntesten Marken, für die er entwirft. Thomas Edelmann

MARTIN HIRTH

Was unterscheidet den jungen Deutschen von vielen seiner Zeitgenossen? Neben Leichtigkeit und Eleganz denkt er auch an Funktionalität

Der Multitasker. Er stammt aus Horb am Neckar, ging nach Offenbach am Main, um Produktdesign an der dortigen Hochschule für Gestaltung (HfG) zu studieren. 2011 bis 2014 war Martin Hirth Assistent des bekannten Offenbacher Designers Sebastian Herkner. Bereits während des Studiums begann er, selbstständig zu arbeiten – und hatte so längst vor seinem Abschluss an der HfG 2014 fundierte praktische Erfahrungen. Er nahm an Ausstellungen und Messen teil und erhielt erste Auszeichnungen. Inzwischen bietet er ein breites Portfolio: von Möbeln über Accessoires bis zu Leuchten und Teppichen. Zu seinen Auftraggebern gehören bekannte Marken wie Ligne Roset, Roche Bobois, Schönbuch, Tecta, aber auch neue Labels wie Favius, Fést, Vonbox. Seine Entwürfe überschreibt er mit „Leichtigkeit der Form“ und „konzeptioneller Stringenz“. Herausragend ist sein „Arch Chair“, mit Sitz und Rücken aus pflanzlich gegerbtem drei Millimeter dünnem Kernleder (in einem Stück!) sowie einer beweglichen filigranen Stahlkonstruktion – was verschiedene Sitzpositionen ermöglicht. Thomas Edelmann

LAURA BILDE

In unserer Welt der Bilder sucht die Dänin nach Materialität und Texturen. Nach Kontrasten, die einen wirklich hinsehen lassen – und berühren 

Eine Frau mit Visionen. „Sie wird das dänische Design herausfordern“ schrieb die Tageszeitung „Politiken“ über ihr Porträt von Laura Bilde. Das
war 2016, die junge Designerin war gerade im Begriff, ihren Bachelor am VIA University College zu machen. Dafür entwarf sie Möbel, die sie „Kanso“ nannte, minimalistische Stücke, klar gestaltet, inspiriert von japanischer Ästhetik. Lederspezialist Sørensen lieferte feines Anilinleder fürs „Kanso“-Sofa. Den „Kanso“-Table brachte das Label Please Wait to be Seated 2018 in zwei Größen auf den Markt. Die Bilderflut von Social Media, von ihr nur sparsam bedient, schaffe einen Hunger nach physi- scher Materialität, sagt Bilde. Ihre Objekte senden sorgsam gewählte taktile Reize aus. Sie interessiert sich für Kontraste von Strukturen und Oberflächen, sucht nach materiell wie emotional berührenden Kombinationen – und nennt hier Ilse Crawford als Vorbild. Abgesehen von Produkten in eigener Regie wie dem Spiegel mit Ablage für Schminkutensilien oder der Leuchtenfamilie „Studio Lamp“ arbeitet Laura Bilde derzeit für das Büro Norm Architects in Kopenhagen. – Thomas Edelmann

SOPHIE MENSEN & OSKAR PEET

Keine Ablenkung, bitte! Am besten wirken die Objekte des kanadisch-niederländischen Designer-Duos in leeren Räumen – denn erst dort zeigen sie ihre Vielseitigkeit 

Zwei mit Raumgefühl. Oskar Peet stammt aus Banff in Kanada, Sophie Mensen aus ’s-Hertogenbosch in den Niederlanden. Er hat in Calgary Maschinenbau studiert, sie in Tallin Textildesign.
Ab 2004 sind beide an der Design Academy in Eindhoven, machen 2009 ihren Abschluss. Zunächst betreibt sie ihr eigenes Studio, 2011 gründen sie OS ∆ OOS. Von Haus aus bringt sie künstlerisches Interesse mit, er handwerkliche Fähigkeiten vom Großvater, einem Goldschmied. Sie ist ein Organi- sationstalent und gut im Erstellen von Konzepten, er begeistert sich für Mechanik und Details. Neben kleinen Objekten entwickelt das Duo nun räumliche Szenarien. Dazu gehört „Tunnel“, eine Röhrenkonstruktion mit Steckverbindung, die mal als Hocker oder Bank fungiert, mal als Kleiderablage, Tisch- oder Regalstütze – in unterschiedlichen Materialien, Dimensionen, Farben. Für Fontana Arte schufen sie Leuchten, die Planetenbahnen symbolisieren („Heliacal“, 2017). In Ausstellungen zeigen sie raumbildende Materialstudien, die sie auch für die Einrichtung der Optiker-Kette Ace & Tate verwenden. Beide leben in Eindhoven. – Thomas Edelmann

JESSIE YOUNG & EMILIANA GONZALES

Melancholie als Zugabe: eine Künstlerin und eine Designerin aus Montevideo arbeiten in Los Angeles am weiblichen Minimalismus 

Kreativ-Tandem mit Botschaft. „Manchmal lachen wir auch“ schreiben die meist ernst blickenden Gestalterinnen aus Los Angeles in einem Post. Unabhängig voneinander sind sie 2014 aus ihrer Heimatstadt Montevideo in Uruguay nach Kalifornien gekommen, wo die Designerin Emiliana Gonzales („Emi“) und die Konzeptkünstlerin Jessie Young gemeinsame Interessen entdeckten, sich bald anfreundeten – um schließlich Interior- Projekte für Privathäuser zu realisieren. Aus dieser Kooperation entwickelte sich Estudio Persona, ihr Studio für Möbelgestaltung, im Arts District von L.A. Emi und Jessie spüren ästhetischen Wurzeln ihrer Heimat Montevideo nach, ohne irgendwelche Ethno-Klischees zu bedienen. Ein melancholisch-brutalistischer Aspekt von Design interessiert die berufstätigen Mütter mehr als Objekte, die ständig nur gute Laune ausstrahlen. Ihre Entwürfe bezeichnen sie als „geprägt von weiblichem Minimalismus, der sich stets weiterentwickelt“. Ihr Ziel? Formen zu schaffen, die Bestand haben. In ihren ersten Kollektionen kombinieren sie dafür helle Hölzer, Leder und Stahl, elementare Geometrien verbinden sie mit fließenden Konturen. – Thomas Edelmann

AGUSTINA BOTTONI

Eine Argentinierin entwirft elegante Objekte in Kleinserie – und verhilft damit Mode, Mode, Design und Handwerk zu neuer, lebenswerter Verbindung 

Mehr geht kaum... Designer haben heute mitunter etwas einschüchternd Weltläufiges. Agustina Bottoni ist Argentinierin, ihr Modestudium absolvierte sie an der Universität Buenos Aires, heute lebt und arbeitet sie in Mailand. Nach Anfängen in der Modebranche schloss sie dort an der privaten NABA-Akademie ein Masterstudium für Design an. Bottoni arbeitete für Designbüros in Italien und den Niederlanden, bevor sie 2015 ihr eigenes Studio gründete. 2016 war sie Mitbegründerin des Kollektivs „The Ladies' Room“. Zu ihrem Entwurfsprogramm für Firmen, Galerien und Privatleute gehören Kleinserien von Objekten, Textilien und Möbeln. Sie sagt von sich, sie nehme das Handwerk mit einer zeitgenössischen Sensibilität an, was ihr ermögliche, nachdenkliche, liebenswerte Objekte zu schaffen. Dazu gehören die Glas- kollektion „Calici Milanese“, eine Hommage an die elegante Tradition des Aperitivo, „Plateau“, eine Kollektion aus verschachtelten, flexiblen Kleinmöbeln, sowie die Serie „Passepartout“ aus MDF und Zedrachbaum zur Aufbewahrung von Mode und Accessoires.  Thomas Edelmann

HIROYUKI MORITA

Um traditionelle Kultur geht es ihm – und um starke Bindungen. Ein Japaner setzt auf Transformation und führt Design so in eine neue Zukunft 

Ein Networker im Wort-Sinn. Im japanischen Shizuoka am Fuße des Berges Fuji geboren, gewinnt Hiroyuki Morita während seiner Studienzeit in Japan einige Designpreise, macht ein halbjähriges Prak- tikum zunächst in England, später im Jin Kuramoto Studio in Tokio, bevor er 2015 sein Masterstudium an der experimentellen, projektorientierten Hochschule ECAL in Luzern beginnt. Dort kommt er mit Unternehmen wie e15, Victorinox, Sigg und Vitra in Kontakt. 2017 gründet er sein Designstudio Rope, weitere Auszeichnungen und Ausstellungen in Japan, China, Italien und Deutschland folgen. „In unserem Leben stellt Design Beziehungen her“, sagt Morita, „vergleichbar mit den Knoten in einem Seil.“ Er ist überzeugt, dass es bei Design neben dem Erschaffen von Objekten auch um Bindungen, flexible Partnerschaften mit Auftraggebern, Handwerkern, Herstellern und Nutzern geht – ähnlich wie erst einzelne Fäden zusammen ein starkes Seil bilden. Das Sitzmöbel „Temi“ basiert auf einem traditionellen Ernte-Instrument, mit dem man einst Getreidequalitäten sortierte. Durch Automatisierung überflüssig geworden, transformiert Morita das „Temi“ zum Möbel der Gegenwart. Thomas Edelmann

ANASTASIA NYSTEN

Eine Weltbürgerin aus Ottawa mit Standort Beirut löst tradierte Möbelformen auf – und hat dabei vor allem eins: Spaß am Spiel 

Die Kinder der Globalisierung – sie gestalten unsere Welt: Zu ihnen gehört Anastasia Nysten, die im kanadischen Ottawa als Tochter einer Libanesin und eines Finnen geboren wurde. Sie lebte in Finnland, Frankreich, Großbritannien, dem Libanon und den Ver- einigten Arabischen Emiraten. Als sie ihren Master für Industriedesign an der Libanesischen Akademie der Schönen Künste vorbereitete, arbeitete sie parallel im Beiruter Studio der Designerin Karen Chekerdjian, drei Jahre gehörte sie in London zum Team des Designers Michael Anastassiades. 2015 gründete sie ihr eigenes Studio, dessen Entwürfe unter anderem auf der Pariser Messe „Maison & Objet“ für Aufsehen sorgten. So schuf sie die „Troll Collection“, leichtgewichtige Sitzmöbel vom Sessel bis zum Sofa, die herkömmliche Formalität hinter sich lassen und Mitarbeit einfordern: Der Nutzer muss die bequemen Polster selbst in ein Gestell legen oder stopfen. Neben Spaß an Spiel und Flexibilität verändert das unsere Haltung zum Sitzen. Nystens „Newton Table“ ist ein Beistelltisch aus lackiertem Metall, versehen mit einer Fläche aus poliertem Edelstahl. Dank des Spiegeleffekts wirkt er als schwebende Struktur, die negativen und positiven Raum ausbalanciert. Thomas Edelmann

HIROYUKI MORITA

UM TRADITIONELLE KULTUR GEHT ES IHM – UND UM STARKE BINDUNGEN. EIN JAPANER SETZT AUF TRANSFORMATION UND FÜHRT DESIGN SO IN EINE NEUE ZUKUNFT

Ein Networker im Wort-Sinn. Im japanischen Shizuoka am Fuße des Berges Fuji geboren, gewinnt Hiroyuki Morita während seiner Studienzeit in Japan einige Designpreise, macht ein halbjähriges Prak- tikum zunächst in England, später im Jin Kuramoto Studio in Tokio, bevor er 2015 sein Masterstudium an der experimentellen, projektorientierten Hochschule ECAL in Luzern beginnt. Dort kommt er mit Unternehmen wie e15, Victorinox, Sigg und Vitra in Kontakt. 2017 gründet er sein Designstudio Rope, weitere Auszeichnungen und Ausstellungen in Japan, China, Italien und Deutschland folgen. „In unserem Leben stellt Design Beziehungen her“, sagt Morita, „vergleichbar mit den Knoten in einem Seil.“ Er ist überzeugt, dass es bei Design neben dem Erschaffen von Objekten auch um Bindungen, flexible Partnerschaften mit Auftraggebern, Handwerkern, Herstellern und Nutzern geht – ähnlich wie erst einzelne Fäden zusammen ein starkes Seil bilden. Das Sitzmöbel „Temi“ basiert auf einem traditionellen Ernte-Instrument, mit dem man einst Getreidequalitäten sortierte. Durch Automatisierung überflüssig geworden, transformiert Morita das „Temi“ zum Möbel der Gegenwart. Thomas Edelmann

ANASTASIA NYSTEN

EINE WELTBÜRGERIN AUS OTTAWA MIT STANDORT BEIRUT LÖST TRADIERTE MÖBELFORMEN AUF – UND HAT DABEI VOR ALLEM EINES: SPASS AM SPIEL

Die Kinder der Globalisierung – sie gestalten unsere Welt: Zu ihnen gehört Anastasia Nysten, die im kanadischen Ottawa als Tochter einer Libanesin und eines Finnen geboren wurde. Sie lebte in Finnland, Frankreich, Großbritannien, dem Libanon und den Ver- einigten Arabischen Emiraten. Als sie ihren Master für Industriedesign an der Libanesischen Akademie der Schönen Künste vorbereitete, arbeitete sie parallel im Beiruter Studio der Designerin Karen Chekerdjian, drei Jahre gehörte sie in London zum Team des Designers Michael Anastassiades. 2015 gründete sie ihr eigenes Studio, dessen Entwürfe unter anderem auf der Pariser Messe „Maison & Objet“ für Aufsehen sorgten. So schuf sie die „Troll Collection“, leichtgewichtige Sitzmöbel vom Sessel bis zum Sofa, die herkömmliche Formalität hinter sich lassen und Mitarbeit einfordern: Der Nutzer muss die bequemen Polster selbst in ein Gestell legen oder stopfen. Neben Spaß an Spiel und Flexibilität verändert das unsere Haltung zum Sitzen. Nystens „Newton Table“ ist ein Beistelltisch aus lackiertem Metall, versehen mit einer Fläche aus poliertem Edelstahl. Dank des Spiegeleffekts wirkt er als schwebende Struktur, die negativen und positiven Raum ausbalanciert. Thomas Edelmann